Wenn du in Finnland unterwegs bist, dann kannst du gar nicht anders, als Waldbaden. Sogar in Städten, wie Helsinki oder Turku ist der Wald allgegenwärtig. Wie du mit kleinen Übungen noch tiefer in den Wald eintauchen kannst und aus deiner Finnlandreise ein Wellnessurlaub wird, verrate ich dir in diesem Artikel.

Diesem Kiefernwald entströmt wahres Wohlgefühl
Waldbaden
Bestimmt wart ihr schon mal im Wald spazieren. Aber im Wald baden? Ich habe als Kind täglich im Wald gebadet. Nur wußte ich damals nicht, dasss mein freies Spiel und mein stundenlanges Interesse für alles was mir dort begegnete, in jüngster Zeit als so heilsam angepriesen werden würde. In den letzten Jahren ist Waldbaden im Ranking der Work-Life-Balance Enthusiasten geradezu in die Top Ten der Naturheilmethoden aufgestiegen. In Japan ist Waldbaden mittlerweile sogar fester Bestandteil der Gesundheitsvorsorge. Aus eigener Erfahrung kann ich sagen: Zu Recht. Waldbaden ist nicht mehr und nicht weniger, als das bewußte Verweilen in einem Wald, um sich zu erholen und die Gesundheit zu stärken. „Shinrin Yoku“ nennt man es in Japan, was wohl so viel bedeutet, wie 'großer Wald' , 'kleiner Wald' mit dem Zusatz 'baden'. Oder frei übersetzt: In der Athmosphäre des Waldes baden. In Finnland hat der Waldausflug Tradition und ist für die meisten Finnen gleichzeitig Alltag. 75Prozent des Landes sind mit Wald bedeckt. Somit ist Finnland, neben Schweden, das waldreichste Land der Europäisches Union.

Anders, als in der deutschen Geschichte, in der der Wald als etwas dunkles, Unbehagen stifftendes empfunden wurde - sieht man einmal ab von den Überhöhungen durch die Romantik - bietet der Wald den Finnen traditionell Geborgenheit. Und genau das ist es, was wir beim Waldbaden suchen. Wenn du regelmäßig Zeit im Wald verbringst, kannst du deinen Stresspegel senken und die Stimmung verbessern. Als sei dies noch nicht genug, regt ein Bad an der frischen Waldluft dein Immunsystem an. Die Lebensgemeinschaft der Bäume kommuniziert untereinander mit der Ausschüttung pflanzeneigener, chemischer Stoffe. Sie werden durch die Luft von Baum zu Baum getragen. Man nennt sie Terpene. Ihr Informationsgehalt veranlasst die Bäume dazu, wenn nötig, Stoffe zur Abwehr von Krankheiten und Fressfeinden zu bilden. Kurz, sie warnen sich gegenseitig und aktivieren ihr Immunsystem. In Nadelwäldern, wie sie in Finnland größtenteils zu finden sind, ist der Anteil an Terpenen beträchtlich höher, als im Laubwald. In der Forschung ist man sich weitgehend darüber einig, dass Terpene auch unser Immunsystem beeinflussen. Ist das nicht verrückt? Ihr schlendert durch den Wald, atmet die, mit Terpenen geschwängerte, Luft und reagiert darauf mit eurem eigenen Körper. Man könnte sagen, bei einem längeren Aufenthalt im Wald kommunizieren wir mit den Bäumen. Mein Tip: Nehmt euch Zeit, geht doch mal in den Wald und führt ein tiefer gehendes Gespräch über eure Gesundheit!
Anders, als in der deutschen Geschichte, bietet der Wald den Finnen traditionell Geborgenheit.

Übung 1
Ankommen
Suche dir einen Ort im Wald, an dem du dich wohlfühlst. Das kann ein Baum sein, an den du dich lehnst, eine kleine Lichtung, eine moosbedeckte Stelle auf der du hockst... Komm zur Ruhe und nimm deine Umgebung war. Schaue dich um und benenne 5 Dinge, die du siehst.
Höre in den Wald hinein und benenne 4 Geräusche, die du hörst.
Als nächstes beschreibe 3 Empfindungen deines Körpers. Beispielsweise, wie sich der Boden unter deinen Füßen anfühlt oder wie du den Wind auf den Wangen spürst. Dannach beschreibe 2 Gerüche, die du wahrnimmst. Und zuletzt beschreibst du den Geschmack auf deiner Zunge. Nimm dir für diese Übung so viel Zeit, wie du brauchst. Sie hilft dir dich mit deiner Umgebung vertraut zu machen und schärft deine Wahrnehmung für den nächsten Schritt.
Übung 2
Perspektivwechsel
Lege dich auf den Rücken. Schaue hinauf in die Wipfel der Bäume über dir. Nach einiger Zeit schließt du die Augen. Zähle langsam bis zehn. Öffne die Augen und richte deinen Blick erneut in die Wipfel der Bäume. Lass deinen Blick von Blatt zu Blatt wandern. Von einem zum nächsten und wieder zum nächsten, bis du auf einen schönen Ast stößt. Folge ihm aus deiner Position mit deinen Augen. Kreuzt er sich mit einem anderen Ast, kannst du die Richtung wechseln und dem neuen Ast folgen. So schweift dein Blick durch das Kronendach des Waldes. Nach einer Weile gleitest du über den Ast zum Stamm. Während du den Stamm hinunter wanderst, versuche dich langsam aufzusetzten und dann in eine stehende Position zu kommen. Natürlich kannst du diese Übung auch in einem Nadelwald machen ;-)

Übung 3
Den Dingen einen Rahmen geben
Für diese Übung suchst du dir eine beliebige Stelle im Wald. Mit vier kleinen Ästen, sie sollten jeweils eine Länge von ungefähr 40 cm haben, legst du auf dem Boden vor dir einen quadratischen Rahmen. Betrachte die Dinge im Rahmen genau. Was liegt dort alles? Erkunde diesen kleinen Ausschnitt ausgiebig. Entdecke jede Einzelheit und beobachte sie mit Interesse. Das kann ruhig 10 Minuten dauern. Du kannst den Rahmen, als Erinnerung, auch mit nach Hause nehmen, zusammenbinden und an der Wand oder am Fenster in der Nähe deines Schreibtischs aufhängen. Ich habe die Erfahrung gemacht, dass, wenn ich ihn ansehe, ich mich darauf besinne, die Dinge zu fokussieren, die ich gerade angehe.
Und noch ein Tip
Wenn du dich zum Waldbaden im Wald bewegst, dann mach es langsam. Es geht nicht darum, so schnell wie möglich durch den Wald zu gehen, sondern dir Zeit zu nehmen. Mache es im Schneckentempo. Du kannst eine Stunde an einer Stelle verbringen oder noch besser - ich sage dir, das ist echt eine außerordentliche Erfahrung - eine ganze Nacht! Willst du dich schneller durch den Wald bewegen, versuche in einer Stunde nicht mehr als einen Kilometer zurückzulegen. Nimm einen Umweg. Lass dich ablenken von Schönheit. Überhöre keinen Baum.

Geh' durch die Welt wie Suvi - sie hat das Staunen noch nicht verlernt.
Nimm einen Umweg. Lass dich ablenken von Schönheit. Überhöre keinen Baum.

"Am Anfang war ein weißes Rentier. Aus diesem entstand die Welt. Sein Herz schlägt noch heute tief in der Erde und gibt ihr Leben. Wer genau hinhört, kann den Herzschlag hören." (aus einem sámischen Schöpfungsmythos)

Diese Bartflechten brauchen sehr saubere Luft zum Atmen.
Nature facts
Saubere Luft
Wußtest du, dass Finnland, die sauberste Luft innerhalb der Europäischen Union hat?
Die sauberste Luft ganz Europas findest du in Lappland, nördlich von Kittilä, im Pallas-Yllästunturi Nationalpark.
Bartflechten
Bei uns im Wald steht eine Fichte, an deren Ästen lange Bartflechten hängen (Gattung Bryoria). Flechten sind Organismen, die in Symbiose zusammenleben. In diesem Fall ein Pilz gemeinsam mit Algen. Sie gedeihen nur in sehr sauberer Luft und sie wachsen im Jahr gerademal 1-2 Milimeter. Der Längste unserer Baumbärte hat eine Länge von 20 cm. Was meinst du, wie alt er ist?
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